80-Bus Journal

  

Juni 1983 · Ausgabe 6


NAS­COM-Praxis

WAS DER NAS­COM ALLES KANN

Teil 3 von Gerhard Klement

Vorbemerkung:

Durch unseren Kontakt mit einem unserer fruchtbarsten Software-Autoren, Gerhard T(eddysoft) Klement, erfuhren wir, daß er mit seinem NAS­COM an der Auswertung einer Sonnenfinsternis herumrechnete. Neugierig geworden, baten wir ihn um nähere Informationen. Die folgende Darstellung ist einem Brief an Günter Böhm entnommen.
RED

Zur indischen Finsternis: Etwa 100 sec vor der Totalität ist eine eigenartige Erscheinung zu beobachten. Es laufen Lichtstreifen „mit der Geschwindigkeit eines eilenden Reiters“ (Astronomiebuch LIT­TROW um 1900) über den Boden, die einen Abstand von etwa 30 cm haben. Das sieht recht gespenstisch aus, eine endgültige Erklärung dafür gibt es bis heute nicht. Anlässlich der SAHARA Fin­ster­nis 1973 baute ich, eher zum Spaß, eine lichtelektrische Einrichtung, die die Lichtschwankungen in Frequenzschwankungen umsetzt, die ich mit Kassettenrekorder aufzeichnete. Das Problem dabei ist, daß gerade in den letzten Sekunden das Integrallicht immer rascher abnimmt. Außerdem ist die absolute Helligkeit jeweils von Finsternis zu Finsternis verschieden. Um die Lichtschwankungen in Spannungsschwankungen umzusetzen, braucht man nur der Zelle über einen Arbeitswiderstand Strom zuzuführen und die Spannung an der Zelle abzugreifen. Die Empfindlichkeit ist dann am größten, wenn der Widerstand der Zelle dem des Arbeitswiderstandes entspricht. Im konkreten Fall bedeutet dies unterschiedliche Empfindlichkeit je nach Integrallicht. Mittels OPAMP machte ich aus dem Arbeitswiderstand eine Konstantstromquelle, damit war ein Teil des Problems gelöst. Nun machte ich eine Festlegung. Die niederste Frequenz, die ich aufzeichnen wollte, sollte 5 Hz betragen. Langsamere Lichtänderungen sollten als Integrallicht-Änderungen kompensiert werden, schnellere wären dann die gewünschte Information. Ich gab mir keine besondere Mühe, den Frequenzbereich noch oben hin zu kontrollieren, denn mehr als 30 Hz schienen mir nicht sinnvoll, zumal in der Literatur im Institut auch nichts vermerkt war. Meine Überraschung in der Sahara war dann sehr groß, als keine Schatten zu sehen waren, die Einrichtung aber plötzlich zu zwitschern begann. Bei der Auswertung, die ich damals noch mit einem aktiven Frequenzfilter vornahm, waren Aktivitäten bis 500 Hz vorhanden. Außerdem stieg die Energie bei höheren Frequenzen im Power-Spektrum in der Nähe der Totalität an. Mir war nicht ganz wohl dabei, aber der Chef der Uni Sternwarte ermunterte mich, das Ganze zu publizieren. Die Folge war ein kleiner Wirbel in der Fachwelt mit peinlichen Fragen über die genaue Konstruktion. Da habe ich eine Menge Blut geschwitzt! Für Indien habe ich die Empfindlichkeit der Einrichtung etwa verhundertfacht und das war um ein bißchen zuviel. Hier waren die Schatten so ausgeprägt und nach der Finsternis die Lichtzunahme so brutal, daß die Einrichtung „zugestopft“ war. Aber die Daten vor der Verfinsterung sehen gut aus. In Indien haben Dr. Jasicek und ich beschlossen, uns für die Auswertung einen Computer zuzulegen, da die PDP 11 im Institut meist belegt war. Das war die Zeugung des NAS­COM irgendwo bei Mahabalipuram. Zum Einlesen der Daten waren eine Reihe Vorbereitungen nötig. Die Kassette wurde über einen Dynamikkompressor auf eine TAND­BERG Bandmaschine mit 19 cm/sec überspielt. Von dort gingen die Daten – noch immer als Frequenzschwankungen in eine TTL Schaltung. Versuche mit einem Frequency to Voltage Converter gingen daneben, daher disponierte ich um. Die Information liegt ja in der Zeit zwischen den Nulldurchgängen der Frequenz, bei etwa 7 kHz, also 7000 Messwerten pro Sekunde. Integrieren wollte ich nicht, da dies Informationsvernichtung bedeutet. Nun zeigte sich aber eine Unsymmetrie zwischen der oberen und der unteren Halbwelle. Nach einigem Zögern entschloß ich mich, die Frequenz 1 zu 2 herunterzuteilen. Also etwa 3500 Informationen pro Sekunde. Geht man davon aus, daß mit 10 Phasenpunkten eine Sinusfrequenz noch gut definiert ist, dann wären Lichtschwankungen mit 350 Hz noch sicher feststellbar. Ein Haken erschwert die Sache. Die Phasenpunkte sind nicht äquidistant, eine Fast Fourier Transformation schied daher aus. Ich mußte eine Regression schreiben, die natürlich behäbig ist. Für die Daten einer einzigen Realtime Sekunde gehen etwa 2 Stunden Rechenzeit drauf, aber dann habe ich 100 Frequenzen analysiert. Im Moment finde ich den Sahara Effekt bei höheren Frequenzen noch nicht, aber bei Greyplot sind eigenartige Strukturen zu beobachten. Ich weiß noch nicht, ob das nicht systematische Fehler sind. Jasicek will das Ganze als Beugungseffekt am Mondrand deuten und quält seinen NAS­COM mit einem Beweis dafür. Ich neige eher zu einer Erklärung durch Luftschlieren. Wir denken schon daran, bei der nächsten Finsternis einen Ballon mit der Messeinrichtung zu starten. Wenn Sie bis jetzt nicht eingenickt sind, dann hilft Ihnen nurmehr das österreichische Fernsehprogramm.

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